Die Bauprodukteverordnung
Die EU-Bauprodukteverordnung (BauPVO) ist seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 2013 das zentrale Regelwerk für Bauprodukte in der Europäischen Union. Sie ersetzt die frühere Bauprodukterichtlinie aus dem Jahr 1989 und soll für einheitliche Sicherheits- und Qualitätsstandards sorgen, um den freien Warenverkehr innerhalb der EU zu ermöglichen. Im November 2024 wurde eine Novelle der Bauprodukteverordnung gebilligt, die sich durch zahlreiche Neuerungen auszeichnet und sowohl Hersteller als auch Händler vor neue Herausforderungen stellt.
In diesem Beitrag nehmen wir die derzeit gültigen Anforderungen der Bauprodukteverordnung unter die Lupe, beleuchten die Änderungen durch die Novellierung und zeigen, wie du dich als E-Commerce Seller darauf vorbereiten kannst.
Was regelt die Bauprodukteverordnung?
Die Bauprodukteverordnung dient dazu, die Sicherheit, Gesundheit und Umweltverträglichkeit von Bauwerken sicherzustellen. Sie legt verbindliche Anforderungen für Bauprodukte fest, die in der EU auf den Markt gebracht werden, und stellt sicher, dass diese Produkte überall in der EU verwendet werden dürfen, ohne dass nationale Vorschriften sie behindern.
Was sind Bauprodukte?
Bauprodukte sind Produkte, die in Bauwerken dauerhaft eingebaut werden und deren Leistung sich auf mindestens eine der grundlegenden Anforderungen an Bauwerke auswirkt. Dazu zählen u.a.:
- (Funk-)Rauchmelder: Für Brandschutz und Sicherheit in Gebäuden.
- Dachhalterungen für Solarmodule: Zur Unterstützung von Photovoltaikanlagen.
- Kabelkanäle: Für die geordnete Verlegung und den Schutz von Kabeln.
- Laminat und Parkett: Für Böden mit Anforderungen an Abriebfestigkeit und Emissionen.
Grundlegende Anforderungen an Bauwerke
Die Bauprodukteverordnung bezieht sich auf sieben grundlegende Anforderungen an Bauwerke, die durch Bauprodukte beeinflusst werden können:
- Mechanische Festigkeit und Stabilität: Bauprodukte dürfen die Sicherheit von Bauwerken nicht gefährden.
- Brandschutz: Produkte müssen eine Brandentstehung und -ausbreitung minimieren.
- Hygiene, Gesundheit und Umwelt: Produkte dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit oder die Umwelt haben.
- Schallschutz: Sicherstellung von Lärmminderung in Gebäuden.
- Energieeinsparung und Wärmeschutz: Produkte sollten zur Reduzierung des Energieverbrauchs beitragen.
- Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen: Bauprodukte sollten umweltfreundlich hergestellt und recycelbar sein.
Die CE-Kennzeichnung als zentrales Element
Die Bauprodukteverordnung schreibt vor, dass Bauprodukte mit der CE-Kennzeichnung versehen werden müssen, um in der EU in Verkehr gebracht zu werden. Diese Kennzeichnung bestätigt, dass das Produkt die harmonisierten europäischen Normen (hEN) oder die entsprechenden europäischen Bewertungsdokumente (EAD) erfüllt.
Wichtige Bestandteile der CE-Kennzeichnung:
- Eine Leistungserklärung (DoP, Declaration of Performance), die die Produkteigenschaften und die Konformität mit den wesentlichen Anforderungen dokumentiert.
- Informationen zur Produktleistung in Bezug auf relevante Merkmale wie Festigkeit, Brandschutz oder Energieeffizienz.
Die Novelle 2024: Warum war sie notwendig?
Die Novellierung der Bauprodukteverordnung wurde notwendig, um bestehende Schwächen zu beheben und die Verordnung an die heutigen technologischen, ökologischen und rechtlichen Anforderungen anzupassen. Seit 2013 hatten sich zahlreiche Herausforderungen ergeben, darunter:
- Unklare Regelungen für innovative Bauprodukte: Die bisherige Verordnung deckte nicht alle modernen Bauprodukte wie smarte Technologien ab.
- Mangelnde Nachhaltigkeitsvorgaben: Es fehlten klare Kriterien für die umweltfreundliche Herstellung und Wiederverwertbarkeit von Bauprodukten.
- Uneinheitliche Marktüberwachung: Die Durchsetzung der Vorschriften variierte stark zwischen den Mitgliedstaaten.
Die Novelle wurde im November 2024 gebilligt und wartet nun auf die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt. Danach treten Übergangsfristen in Kraft, um Unternehmen Zeit zu geben, sich auf die Änderungen einzustellen.
Die wichtigsten Änderungen der Novelle
Die Novelle bringt weitreichende Neuerungen mit sich, die sich auf Hersteller, Händler und E-Commerce Seller gleichermaßen auswirken:
1. Nachhaltigkeitsanforderungen
Die Novelle legt erstmals klare Kriterien für die Nachhaltigkeit von Bauprodukten fest. Hersteller müssen nachweisen, dass ihre Produkte:
- Ressourcenschonend hergestellt werden.
- Recyclingfähig sind, um Abfälle in der Bauindustrie zu reduzieren.
- Keine umweltschädlichen Materialien enthalten.
Für Händler bedeutet das, dass sie künftig verstärkt darauf achten müssen, dass die von ihnen angebotenen Produkte diese Kriterien erfüllen. Besonders im E-Commerce ist eine lückenlose Dokumentation der Materialzusammensetzung und der Umweltauswirkungen erforderlich.
2. Erweiterung des Geltungsbereichs
Die Verordnung erfasst künftig neue Bauproduktkategorien, darunter smarte Technologien wie:
- Intelligente Rauchmelder, die mit dem Internet verbunden sind.
- Smarte Dachhalterungen für Solarmodule, die Daten zur Energieeffizienz liefern.
- IoT-fähige Kabelkanäle, die in Smart-Home-Systeme integriert werden kö
Dies bedeutet für Händler, dass sie zusätzliche Prüfungen durchführen müssen, um sicherzustellen, dass diese Produkte den erweiterten Anforderungen entsprechen.
3. Einführung der digitalen Leistungserklärung
Die bisher häufig in Papierform beigefügte Leistungserklärung wird durch eine digitale Version ersetzt. Hersteller müssen sicherstellen, dass Kunden die relevanten Informationen online abrufen können. Für E-Commerce Seller ist dies ein Vorteil, da die Bereitstellung der Leistungserklärung über digitale Plattformen die Handhabung erleichtert. Gleichzeitig müssen sie sicherstellen, dass ihre Systeme die neuen Anforderungen technisch umsetzen können.
4. Strengere Marktüberwachung
Die Novelle stärkt die Befugnisse der Marktüberwachungsbehörden. Diese können künftig:
- Online-Plattformen und Händler gezielt überprüfen.
- Nicht konforme Produkte schneller vom Markt nehmen.
- Hohe Geldstrafen verhängen, falls Anforderungen nicht erfüllt werden.
Für E-Commerce Seller bedeutet das, dass sie ihre Prozesse zur Überprüfung der Konformität strenger gestalten müssen, um Risiken zu vermeiden.
Herausforderungen und Chancen für E-Commerce Seller
Die Änderungen bringen sowohl neue Herausforderungen als auch Chancen für Unternehmen mit sich, die Bauprodukte online vertreiben.
Herausforderungen
- Erhöhte Dokumentationspflichten: Händler müssen sicherstellen, dass alle erforderlichen Nachweise – wie CE-Kennzeichnung, Leistungserklärungen und Nachhaltigkeitsnachweise – vorliegen und korrekt bereitgestellt werden.
- Technische Anpassungen: Die Bereitstellung digitaler Leistungserklärungen erfordert technische Infrastruktur. Online-Shops müssen sicherstellen, dass Kunden die Informationen leicht zugänglich finden.
- Stärkere Kontrollen: Die striktere Marktüberwachung bedeutet, dass Händler besser vorbereitet sein müssen, um Prüfungen standzuhalten. Unvollständige oder fehlerhafte Angaben können schnell zu Strafen oder Verkaufsverboten führen.
Chancen
- Nachhaltigkeit als Verkaufsargument: Bauprodukte, die die neuen Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, können als umweltfreundliche Alternativen beworben werden – ein wichtiger Wettbewerbsvorteil in einer zunehmend umweltbewussten Zielgruppe.
- Innovation durch smarte Produkte: Die Erweiterung des Geltungsbereichs eröffnet neue Geschäftsfelder für Händler, die innovative Bauprodukte wie IoT-fähige Rauchmelder oder smarte Solarmodulhalterungen vertreiben.
- Vereinfachung durch Digitalisierung: Die Einführung der digitalen Leistungserklärung erleichtert die Handhabung und Bereitstellung der erforderlichen Dokumente – ein klarer Vorteil für Online-Händler.
Was solltest du als E-Commerce Seller jetzt tun?
- Prüfung der aktuellen Compliance: Stelle sicher, dass alle derzeit angebotenen Produkte den aktuellen Anforderungen entsprechen und die erforderlichen Nachweise vorliegen.
- Vorbereitung auf die neuen Anforderungen: Informiere dich frühzeitig über die Änderungen durch die Novelle und passe deine Prozesse an – insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeitsnachweise und digitale Leistungserklärungen.
- Schulungen für Mitarbeiter: Schule deine Teams, um sicherzustellen, dass alle über die neuen Anforderungen Bescheid wissen und diese umsetzen kö
- Zusammenarbeit mit Herstellern: Arbeite eng mit deinen Lieferanten zusammen, um sicherzustellen, dass alle Produkte die neuen Anforderungen erfüllen.
- Technische Anpassungen: Rüste deine Systeme so aus, dass digitale Leistungserklärungen problemlos bereitgestellt werden können.
Fazit
Die Novelle der Bauprodukteverordnung 2024 bringt weitreichende Änderungen, die sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich bringen. Für E-Commerce Seller bedeutet dies, dass sie ihre Prozesse anpassen und ihre Compliance-Strategie auf den neuesten Stand bringen müssen. Gleichzeitig eröffnen sich durch die neuen Nachhaltigkeitskriterien und die Erweiterung des Geltungsbereichs neue Geschäftsfelder.
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