Marketing im E-Commerce: Was ist aus Sicht der Product Compliance nicht erlaubt?

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Marketing im E-Commerce

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Als Seller kennt man es: Der Launch eines neuen Produktes steht an und man überlegt, wie man das eigene Produkt so am Markt platzieren kann, dass es von möglichst vielen Kunden wahrgenommen wird. Im besten Fall so, dass es von den Kunden direkt besser als die Angebote der Konkurrenz eingestuft wird.

Erreicht werden kann das etwa durch eine bessere Produktqualität, oder durch ansprechenderes Marketing. Dadurch, dass mittlerweile eine immer größere Anzahl neuer Konkurrenten in den Markt drängt, greifen einige Seller in Sachen Marketing zu teilweise fragwürdigen Mitteln, um sich selbst einen unfairen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Grund genug also, sich damit zu beschäftigen, welche Marketingmaßnahmen auf Marktplätzen wie Amazon verboten sind, und was man dagegen tun kann.

Welche unerlaubten Marketingmaßnahmen werden besonders oft eingesetzt?

In unseren bisherigen Beiträgen haben wir uns bereits mit dem Thema der Produktsperrungen auf Amazon und den häufigsten Compliance-Fehlern von Sellern beschäftigt. Heute wollen wir uns die Thematik der Compliance-Fallstricke im Marketing noch etwas genauer ansehen. 

Irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten (§ 5 UWG)

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz UWG) soll vor allem dazu dienen, Verbraucher vor irreführenden Werbeangaben zu schützen. Gemäß § 5 des UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält. Sie ist aber auch dann irreführend, wenn die Angaben zwar der Wahrheit entsprechen, diese beim Verbraucher aber eine Täuschung über bestimmte Umstände erwecken können.

So eine Irreführung liegt beispielsweise dann vor, wenn eine eigentlich selbstverständliche Eigenschaft eines Produktes in einer Art und Weise beworben wird, die bei den Kunden den Eindruck erweckt, dass es sich dabei um eine besondere Eigenschaft der Ware handelt. Das Produkt erscheint so besser als jene der Konkurrenz, obwohl es eigentlich gar keine anderen, „besonderen“ Eigenschaften hat.

Unter § 5 UWG fallen zum Beispiel:

  • Werbung mit der CE-Kennzeichnung („CE-zertifiziert“) oder dem RoHS-Symbol („RoHS konform“)
  • Werbung mit LFGB- oder REACH-Testergebnissen
  • Werbung mit sogenannten harmonisierten Normen, wie etwa „entspricht den Anforderungen von DIN EN 71-1“

Markenrechtsverletzungen

Der Irrtum, dass Logos und Symbole anderer Firmen, wie die des TÜV oder auch des Grünen Punkts frei für das eigene Produkt-Marketing verwendet werden können, besteht bei vielen Sellern. Aber Achtung, das kann teuer werden! Ist das Logo oder das Symbol eine eingetragene Marke und hast du keine Erlaubnis für die Nutzung eingeholt, dann stellt das nämlich eine Markenrechtsverletzung dar. Sehen wir uns im Detail an, welche Fehler auf Amazon am häufigsten vorkommen.

Werben mit dem Grünen Punkt

Hast du dich dem dualen System des Grünen Punkts in Deutschland angeschlossen, dann darfst du deren Logo auf deinen Produktverpackungen anbringen – sofern du deine Produkte ausschließlich an Kunden aus Deutschland verschickst. Vorsicht: Für jedes EU-Land ist eine separate Lizenz nötig!

Wenn du Teil des dualen Systems bist, darfst du den Grünen Punkt auf Produktbildern, die deine Verpackung abbilden, zeigen. Sind deine Verpackungen allerdings nicht über den Grünen Punkt lizenziert und dein Unternehmen besitzt auch keine eigene Marketinglizenz, dann darfst du das Symbol nicht anbringen und entsprechend nicht damit auf Amazon werben.

Werben mit Textilsiegeln wie GOTS, OCS oder Ökotex

Sind deine Textilprodukte nicht ordnungsgemäß GOTS, OCS oder Ökotex zertifiziert, dann darfst du die entsprechenden Logos und Siegel auch nicht für deine Werbung nutzen. Zudem musst du beachten, dass bei den oben genannten Zertifizierungen nicht nur dein konkretes Produkt, sondern auch der Produzent, von dem du letztlich das Produkt beziehst, zertifiziert sein müssen.

Wirbst du mit einem dieser Textilsiegel, muss die entsprechende Zertifizierungsnummer (z.B. die deines Produzenten) angegeben werden. Fehlt diese, dann ist die Werbung nicht erlaubt und kann daher entweder von Konkurrenten anwaltlich abgemahnt oder sogar von den Markeninhabern selbst juristisch verfolgt werden. 

Textilsiegel
Das Werben mit Textilsiegeln ohne entsprechende Zertifizierung ist nicht erlaubt
Werben mit dem FSC-Siegel

Bei dem FSC-Siegel verhält es sich ähnlich wie bei den Textilsiegeln. Ist der Hersteller, der das Produkt oder die Verpackung herstellt, nicht selbst zertifiziert, darfst du das Siegel nicht anbringen und auch nicht auf Amazon damit werben. Auch beim FSC-Siegel ist zwingend die Zertifizierungsnummer des Produzenten auf dem Produkt oder der Verpackung anzugeben (Je nachdem was von der Zertifizierung umfasst ist).

Möchtest du mit dem FSC-Siegel werben, dann musst du dafür zusätzlich eine Marketinglizenz bei FSC erwerben. Anschließend erhältst du eine eigene Zertifizierungsnummer, die du dann beim Werben mit dem Siegel z.B. auf Amazon nutzen musst.

Werben mit den Logos von Laboren wie TÜV, DEKRA oder SGS

Das Werben mit den Logos von diversen Laboren ist einer der Verstöße, den man auf Amazon am häufigsten vorfindet. Logos von Laboren wirken auf Kunden stark verkaufsfördernd, da sie den Eindruck von Sicherheit und chemischer Unbedenklichkeit erwecken. Dabei darf nicht einfach so mit diesen Siegeln geworben werden.

Selbst wenn du dein Produkt tatsächlich vom TÜV hast testen lassen, heißt das noch lange nicht, dass du das TÜV-Siegel zu Werbezwecken einsetzen darfst. TÜV und DEKRA vergeben für manche Produktkategorien offizielle Siegel, die mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sind. Meistens handelt es sich dabei um eine einmalige und eine jährliche Gebühr für die Nutzung.

Auch bei der Nutzung dieser Siegel erhältst du eine eigene Zertifizierungsnummer. Wenn einer deiner Konkurrenten also ein TÜV-Logo ohne weitere Angaben nutzt, dann kannst du dir so gut wie sicher sein, dass er das Logo zu Unrecht nutzt.

Werben mit dem GS-Siegel

Das GS-Siegel löst bei Kunden oft ein Gefühl von Sicherheit aus und wird deshalb gerne unrechtmäßig von Sellern genutzt. Manchmal sogar ohne böse Hintergedanken, vor allem dann, wenn Waren aus China bezogen werden. Dort kommt es nämlich oft vor, dass das zugehörige Zertifikat gefälscht wird. Gutgläubigen Sellern wird dadurch suggeriert, dass sie das GS-Siegel nutzen und auch damit werben dürfen. Ist das Zertifikat doch legitim, so muss es nichtsdestotrotz erst auf den Seller umgeschrieben und eine Co-Lizenz beantragt werden, um damit werben zu dürfen.  

Falsches Werben mit Testsiegeln

So ziemlich jeder, der schon mal etwas im Internet gekauft hat, kennt sie: Testsiegel. Viele Kaufinteressenten lassen sich von Bewertungen und Testergebnissen bei ihren Kaufentscheidungen beeinflussen. Daher werden sie oft als Werbemittel eingesetzt. Vor allem dann, wenn die Ergebnisse aus einem Testverfahren eines anerkannten Testveranstalters wie der Stiftung Warentest ermittelt wurden. Um den Schutz der Kunden zu gewährleisten, gelten bei der Werbung mit Testergebnissen deshalb strenge rechtliche Rahmenbedingungen.

Um nicht in Konflikt mit dem Gesetz (konkret dem UWG) zu kommen, muss der Seller die Kriterien der Wahrheit, Sachlichkeit, Vollständigkeit, Aktualität und Transparenz einhalten. Tut er das nicht, riskiert er Abmahnungen von Mitbewerbern und Verbraucherschutzverbänden, vor allem wegen irreführender Werbung (§§ 5, 5a UWG).

Testsiegel
Auch das Werben mit erhaltenen Produktauszeichnungen birgt viele Fehlerquellen

Wenn du planst, mit Testergebnissen zu werben, dann musst du einiges beachten.

  • Die obigen Kriterien gelten, sobald du die Testergebnisse in irgendeiner Form für deine Werbung nutzt, auch dann, wenn sie nicht besonders hervorstechen, sondern nur beiläufig erwähnt werden.
  • Es reicht nicht aus, nur die Fundstelle der Testergebnisse anzugeben. Es muss die den Test durchführende Organisation erkennbar sein.
  • Zusätzlich muss die Fundstelle angegeben werden, damit die Kunden sich ein eigenes Bild von den Testumständen machen können.
  • Testergebnisse dürfen nicht verzerrt werden. Das bedeutet, du darfst dein Produkt nicht besser darstellen, als es auch wirklich abgeschnitten hat. Das Verändern der Aussagen der testenden Organisation zu deinen Gunsten ist daher nicht erlaubt.
  • Häufig werden bei der Werbung mit Testsiegeln falsche Daten angegeben. Nicht selten fehlt auch die Angabe der Fundstelle, sowie eine Beschreibung des Bewertungsverfahren (hierfür reicht in der Regel ein Link).

Werben ohne objektiv belegbare Fakten

Grundsätzlich gilt immer Folgendes: Willst du mit etwas werben, dann muss das objektiv nachweisbar sein. Problematisch ist das Werben daher z.B. mit:

  • Wasser- oder Feuerfestigkeit
  • Aussagen wie BPA-frei oder schadstofffrei
  • Der Eigenschaft „spülmaschinenfest“
  • Aussagen wie CO2-neutral, klimaschonend oder nachhaltig

 

Vor allem bei den ersten 3 Punkten gibt es entsprechende Labortests, die diese Aussagen untermauern können, man spricht hierbei von sogenannten nicht harmonisierten Normen. Deren Einhaltung ist teilweise freiwillig in der EU. Willst du aber mit den oben genannten Aspekten werben, dann musst du sicherstellen, dass du diese Aussagen auch belegen kannst. Stellst du einfach nur Behauptungen auf, dann riskierst du damit eine Abmahnung durch deine Konkurrenten.  

Vor allem im Bereich Nachhaltigkeit wird seitens der Verkäufer auf Amazon viel getrickst

Welche Konsequenzen drohen bei unerlaubten Marketingmaßnahmen?

Wie bereits erwähnt kann es bei Verstößen gegen einen oder mehreren der aufgezählten Punkte zu anwaltlichen Abmahnungen durch Konkurrenten oder Markeninhaber kommen. Zusätzlich kann es passieren, dass du Probleme seitens Amazon bekommst. Wird dein Listing mit einem Nachweis und/oder einer guten Begründung an Amazon gemeldet, etwa durch einen Konkurrenten, dann kann es sein, dass dieses Listing von Amazon deaktiviert wird. Dieses Listing dann erneut zu aktivieren, ist oft ein langwieriger und unangenehmer Prozess.  

Wie kann man gegen Seller vorgehen, die unfair spielen?

Stellt man selbst fest, dass andere Seller mit unfairen Mitteln spielen, dann stehen einem diverse Möglichkeiten offen.

  • Offizielle Abmahnung durch einen Anwalt: Dieser Weg kann nur dann gewählt werden, wenn du auch wirklich ein direkter Konkurrent bist, dein Produkt also vergleichbar mit dem deines Konkurrenten ist. Außerdem solltest du vorab sichergehen, dass du nicht den Fehler, den du abmahnen lassen willst, selbst begehst, da deine Abmahnung sonst ins Leere läuft.
  • Verstoß an Amazon melden: Hast du konkrete Nachweise für den Verstoß, dann kannst du diesen melden und so eventuell eine Sperre des Produktes der Konkurrenz erreichen. Das ist in den meisten Fällen aber keine dauerhafte Lösung, da die Dauer der Sperre oft von der Schwere des Verstoßes abhängt.
  • Kontaktieren der Markeninhaber: Natürlich kannst du auch Markeninhaber wie TÜV, FSC oder andere direkt kontaktieren und sie auf das unrechtmäßige Werben mit deren Siegeln auf Amazon durch einen Konkurrenten aufmerksam machen. Die Aussichten auf Erfolg sind bei diesem Weg voraussichtlich eher gering, da sie vom Willen und der Kapazität der Markeninhaber abhängen.  

So können wir von Tradavo dir helfen

Unsere Compliance-Experten von Tradavo helfen dir gerne dabei, dein Listing auf alle oben genannten Punkte zu überprüfen, damit du deine Produkte ohne Sorgen bewerben und verkaufen kannst. Wenn auch du einen erfahrenen Partner an der Hand haben willst, der sich um die Compliance deiner Produkte kümmert, dann melde dich gerne für ein Erstgespräch!

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Wer hat diesen Beitrag verfasst?

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In ihrer Rolle als Autorin füllt Christina die Blogsektion unserer Website mit spannenden sowie informativen Beiträgen, so dass sich unsere Leser stets bestinformiert selbstständig um die Product Compliance in Ihrem Unternehmen kümmern können.

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