Spielzeugrichtlinie & Spielzeugverordnung
Ein zentrales Anliegen innerhalb der Europäischen Union besteht darin, die Sicherheit von Spielzeug zu gewährleisten. Jener Aspekt betrifft dabei nicht ausschließlich die Familien, in die das Spielzeug einzieht, sondern gleichermaßen auch die Hersteller und Händler. Angesichts dessen, dass es kontinuierlich chemische und technische Entwicklungen gibt und nicht zuletzt auch die Globalisierung des Handels immer mehr zunimmt, hat die EU die geltenden Bestimmungen überarbeitet und den Plan aufgestellt, eine neue Spielzeugverordnung einzuführen, die die noch geltende Richtlinie 2009/48/EG ablösen soll. Aber was bedeutet das konkret und welche Auswirkungen bringt das Ganze für die Spielzeugbranche mit sich?
Die Definition und der Geltungsbereich von Spielzeug
In der europäischen Gesetzgebung ist konkret geregelt, welche Produkte als Spielzeug angesehen werden und welche spezifischen Anforderungen an die Sicherheit sie entsprechend erfüllen müssen. Letzteres ist besonders wichtig, da all jene Produkte, die als Spielzeug eingestuft werden, strengen Vorschriften unterliegen, die dafür vorgesehen sind, die Gesundheit und Sicherheit der Kinder zu sichern, die mit ihnen spielen.
Was als Spielzeug zählt
Gemäß der EU-Richtlinie 2009/48/EG und den bevorstehenden Änderungen durch die neue EU-Spielzeugverordnung ist ganz klar definiert, was als Spielzeug gilt. Im Grunde genommen fallen in die Kategorie Spielzeug alle Produkte, die zum Zweck entworfen oder bestimmt sind, von Kindern unter 14 Jahren zum Spielen genutzt zu werden. Wie Du siehst, ist dies zunächst also eine recht breit aufgestellte Definition. Allerdings bezieht sich die Definition darauf, dass die Produktfunktionalität und das Produktdesign so ausgelegt sind, dass die Sicherheit der jüngeren Verbraucher in jedem Fall gesichert ist. Werden Produkte allerdings nicht ausschließlich zum Spielen genutzt, wie es beispielsweise aus dem Abschnitt „Ausnahmen der Spielzeugdefinition“ hervorgeht, fallen diese zumeist nicht unter diese Definition – ausgenommen dessen, dass sie explizit für Kinder erstellt sind.
Der Umfang der EU-Spielzeugrichtlinie
Die EU-Spielzeugrichtlinie bezieht sich hinsichtlich ihres Geltungsbereiches auf alle Spielzeuge, deren Vermarktung im Europäischen Wirtschaftsraum, kurz EWR, erfolgt. Demnach muss jedes Spielzeug, welches auf dem Markt zugänglich gemacht wird, zwingend den Anforderungen der Richtlinie entsprechen. Dies kann in der Regel anhand der CE-Kennzeichnung nachvollzogen werden. Letztere gibt eine Bestätigung darüber, dass das Spielzeug mit den geltenden EU-Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltschutzstandards wie beispielsweise der Entflammbarkeit, Hygiene oder chemischen Zusammensetzung konform ist. Geht von Spielzeugen eine potenzielle Erstickungsgefahr aufgrund von Kleinteilen aus oder bestehen andere potenzielle Gefahren, so müssen die Spielzeuge zusätzlich zu der CE-Kennzeichnung auch noch mit weiteren entsprechenden Warnhinweisen versehen sein. Hierbei ist zwingend darauf zu achten, dass die Warnhinweise klar und verständlich sind und sie sich direkt auf dem Produkt oder der dazugehörigen Verpackung befinden.
Die Ausnahmen der Spielzeugdefinition
Zweifelsohne gibt es aber natürlich auch Ausnahmen von der Definition, denn nur, weil ein Kind ein Produkt verwenden kann, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass es im rechtlichen Sinne auch automatisch als Spielzeug deklariert werden muss. So gibt die Richtlinie eindeutig vor, welche Produkte nicht als Spielzeug eingestuft werden. Hierzu gehören:
- Berufsausrüstung, also Produkte, die dafür angedacht sind, in der beruflichen oder öffentlichen Umgebung Anwendung zu finden, auch wenn sie prinzipiell von Kindern genutzt werden könnten.
- Dekorative Objekte, sprich jene Produkte, die vorrangig für die Dekoration vorgesehen sind – und zwar auch dann, wenn sie durchaus von Kindern zum Spielen verwendet werden könnten.
- Sammlerstücke, die sich explizit an Sammler jedes Alters richten. Oftmals haben sie einen hohen Sammlerwert. Entscheidend ist nur, dass die Sammlerstücke nicht explizit für Kinder unter 14 Jahren produziert werden.
- Sportausrüstung sowie bestimmte Sportgerätarten, da diese in der Regel für ältere Kinder oder gar Erwachsene konzipiert sind.
Die Pflichten der Hersteller und Händler
Die Spielzeugsicherheit stellt in der Europäischen Union einen zentralen Aspekt im Verbraucherschutz dar. Dabei stehen die Hersteller sowie auch Händler in der Verantwortung, zu gewährleisten, dass nur sicheres Spielzeug auf dem Markt erworben werden kann. Entsprechend der aktuell geltenden EU-Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG sowie der nationalen Umsetzung, wie der Zweiten Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (2. ProdSV) in Deutschland, gilt es umfassenden Pflichten nachzukommen, damit die Sicherheitsstandards auch wirklich erfüllt sind. Aber welche Pflichten ergeben sich daraus konkret für die Hersteller und Händler?
Die Pflichten der Hersteller
Primär obliegt die Verantwortung dessen, dass die Produkte, die sie herstellen, den Sicherheitsstandards der EU entsprechen, den Herstellern. Dies sind jedoch nicht die einzigen Pflichten, die es für sie zu erfüllen gilt, so fallen folgende Aspekte ebenfalls in ihren Verantwortungsbereich:
- Die Sicherheitsbewertung: Ehe es dem Hersteller erlaubt ist, seine Produkte in Umlauf zu bringen, muss zwingend eine Sicherheitsbewertung durchgeführt werden. Im Rahmen dieser geht es darum, alle potenziellen Gefahren, die durch das Spielzeug entstehen könnten, herauszufinden und entsprechend zu bewerten.
- Die Konformitätserklärung: In der EU ist es erforderlich, dass jedes Spielzeug, das in den Verkehr gebracht wird, mit einer EU-Konformitätserklärung versehen ist. Diese dient der Bestätigung dessen, dass das Spielzeug auch wirklich allen relevanten Anforderungen an die Sicherheit entspricht.
- Die technische Dokumentation: Hersteller stehen in der Pflicht, dass sie detaillierte technische Unterlagen erstellen, die dann auch gepflegt werden müssen. Innerhalb dieser Unterlagen müssen die Beschreibungen der Herstellungsprozesse, die Konstruktionsdaten, die Sicherheitsbewertungen sowie die Prüfergebnisse dargelegt werden. Anhand dieser kann dann sichergestellt werden, dass das Spielzeug auch wirklich sicher ist, solange es ordnungsgemäß genutzt wird.
- Die CE-Kennzeichnung: Haben die Spielzeuge die Sicherheitsbewertung sowie die erforderlichen Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich durchlaufen, ist es erforderlich, dass der Hersteller dies mit Hilfe des CE-Zeichens ausweist. Dieses muss dauerhaft, leserlich und sichtbar auf dem Spielzeug angebracht sein, sodass ersichtlich ist, dass das Spielzeug die geltenden EU-Vorschriften erfüllt.
Die Pflichten der Händler
Natürlich sind die Händler nicht für die Herstellung der Spielzeuge verantwortlich, jedoch entbindet sie dies nicht ihren Pflichten. Denn auch die Händler tragen Verantwortung – inwiefern erfährst Du nachstehend:
- Die Überprüfung der Konformität: Händler können nicht einfach blindlings irgendwelche Spielzeuge erwerben und diese auf dem Markt zum Kauf anbieten. Vielmehr müssen sie vor dem Inverkehrbringen überprüfen, ob alle Spielzeuge, die sie zu verkaufen erwägen, über eine entsprechende CE-Kennzeichnung verfügen und ob die notwendigen Unterlagen vorliegen. Denn nur dann, wenn das Spielzeug den EU-Vorschriften entspricht, darf es verkauft werden.
- Die Bereitstellung von Informationen: Vor dem Verkauf müssen Händler sichergehen, dass alle erforderlichen Warnhinweise und die dazugehörigen Sicherheitsinformationen für potenzielle Käufer klar und verständlich sind. Dies schließt auch ein, dass die Begleitdokumente, zu denen unter anderem die Gebrauchsanweisung sowie die Sicherheitsinformationen gehören, in der entsprechenden Sprache des EU-Mitgliedsstaates zur Verfügung stehen, in dem das Spielzeug verkauft wird.
- Die aktive Überwachung und Rückmeldung: Händler stehen in der kontinuierlichen Pflicht den Markt aktiv zu überwachen und jede Beschwerde sowie Sicherheitsprobleme, die sie zu den Spielzeugen erhalten, unmittelbar an den Hersteller oder die zuständige Behörde zu melden. Nur auf diese Weise ist es möglich, potenzielle Gefahren rechtzeitig erkennen und entsprechend reduzieren zu können.
Die Kooperation mit Marktüberwachungsbehörden
Es ist erforderlich, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen den Marktüberwachungsbehörden und den Händlern beziehungsweise Herstellern besteht. Nur auf diese Weise kann schlussendlich sichergestellt werden, dass die Vorschriften auch wirklich eingehalten werden. In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, dass Informationen und Unterlagen bei Anfragen bereitgestellt werden und bei Rückrufaktionen oder der Entfernung nicht konformer Produkte vom Markt mitgearbeitet wird. Die Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtungen ist dringend erforderlich, um die höchsten Sicherheitsstandards erhalten und das Risiko von Unfällen oder Verletzungen für Kinder möglichst gering halten zu können.
Die besonderen Regelungen für bestimmte Spielzeugarten
Handelt es sich um bestimmte Arten von Spielzeug, was dann der Fall ist, wenn aufgrund ihrer Beschaffenheit oder des Verwendungszweckes besondere Risiken von ihnen ausgehen können, müssen innerhalb der europäischen Gesetzgebung zur Sicherheit von Spielzeug bestimmte Vorschriften erfüllt sein. Diese sind dabei zur Wahrung der Sicherheit und Unversehrtheit von Kindern beim Umgang mit diesen Spielzeugen ausgelegt. Welche Spielzeugarten fallen aber nun in diese besondere Regelung hinein und was gilt es hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen konkret zu berücksichtigen?
Zum einen fällt in diese Kategorie jegliches chemisches Spielzeug hinein. Dies können beispielsweise Experimentierkästen oder auch Sets sein, mit denen Schleim hergestellt werden kann. Von dieser Art des Spielzeuges können chemische Gefahren ausgehen, was dazu führt, dass sie klar gekennzeichnet sein müssen. Des Weiteren müssen sie detaillierte Anleitungen sowie Sicherheitsinformationen umfassen, aus denen hervorgeht, wie die Chemikalien richtig gehandhabt werden. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass sichergestellt ist, dass selbst dann, wenn das Spielzeug unsachgemäß verwendet wird, keine gesundheitlichen Gefahren davon ausgehen.
Neben chemischem Spielzeug gliedern sich auch Aktivitätsspielzeuge in dieser Sparte ein. Unter Aktivitätsspielzeugen werden jene Spielzeuge verstanden, die dafür vorgesehen sind, die physische Aktivität eines Kindes zu fördern, wie es bei Klettergerüsten, Rutschen oder Schaukeln der Fall ist, die für den häuslichen Gebrauch vorgesehen sind. Sobald dies gegeben ist, müssen die Spielzeuge besonders sicher und robust konstruiert sein. Die europäischen Sicherheitsstandards geben dabei vor, dass das Spielzeug stabil und standfest sein muss und keinesfalls spitze Ecken oder scharfe Kanten aufweisen darf, die ein Verletzungsrisiko bergen könnten. Des Weiteren ist im Zusammenhang mit dieser Spielzeugkategorie eindeutig definiert, welche maximale Fallhöhe es haben darf und welcher Untergrund für die Verwendung des Spielzeuges gegeben sein muss.
Außerdem gelten auch besondere Regelungen für elektrisches Spielzeug, sprich solches, was mit Batterien oder elektrischem Antrieb genutzt wird. Gerade hinsichtlich dieser Spielzeugart gibt es strenge Regulierungen, damit keine elektrischen Unfälle auftreten können. Dabei eingeschlossen sind insbesondere die Anforderungen an die Elektrosicherheit, was zum einen eine isolierte Verdrahtung und zum anderen die sichere Unterbringung von Batterien bedeutet, damit es zu keinen Kurzschlüssen oder Leckagen kommen kann. Darüber hinaus muss Spielzeug, das in diese Kategorie hineinfällt, den europäischen Niederspannungs- und EMV-Richtlinien (Elektromagnetische Verträglichkeit) entsprechen.
Weiterhin in dieser Kategorie aufzufinden ist auch Spielzeug, was für den Lebensmittelkontakt eingesetzt wird. Hierzu gehören unter anderem Kinderbesteck oder Kinderkochgeschirr, dessen Beschaffenheit dahingehend gewährleistet sein muss, dass von ihm keine Kontamination ausgeht. Dies bedeutet zwangsläufig, dass die Materialien lebensmittelsicher sein müssen und keine Schadstoffe abgeben dürfen, die schlussendlich womöglich in die Lebensmittel übergehen könnten.
Zu guter Letzt fällt dann noch sogenanntes funktionelles Spielzeug in diese Kategorie hinein. Hierbei handelt es sich um Spielzeuge, die echten Geräten nachempfunden sind und dementsprechend eine ähnliche Funktion aufweisen. Dies könnten zum Beispiel Kindernähmaschinen oder Kinderstaubsauger sein. Etwaige Spielzeuge müssen so konstruiert sein, dass sie selbst dann, wenn sie vorhersehbar falsch genutzt werden, keine Risiken bergen und somit sicher sind. Das heißt es dürfen weder kleine Teile leicht abbrechen, die womöglich verschluckt werden könnten, noch dürfen mechanische Funktionen ungeschützt sein, sodass womöglich eine Quetsch- oder Schnittgefahr davon ausgehen könnte.
Der Ausblick auf die voraussichtlich kommenden Veränderungen
Seit dem 28. Juli 2023 liegt der EU-Kommission ein Entwurf für die neue Spielzeugverordnung vor, der jedoch bis dato noch nicht final verabschiedet wurde. Das Ziel dieses Entwurfes besteht darin, die bisher geltende Richtlinie 2009/48/EG durch eine Verordnung in allen EU-Ländern zu ersetzen, die umfassender ausfällt. Diese direkte Anwendung soll die Unterschiede in der nationalen Umsetzung eliminieren und einheitliche Schutzstandards für alle Kinder in der EU sicherstellen.
Im Fokus steht dabei unter anderem die Einführung eines digitalen Produktpasses, der als zentrales Dokument dienen soll und somit die bisherige EU-Konformitätserklärung hinfällig werden lässt. So sollen in dem Pass schlussendlich all die bedeutsamen Spielzeuginformationen beinhaltet sein, so unter anderem auch die Details zu verwendeten Chemikalien und Materialien, die Herstellerdaten, die Einhaltung der EU-Vorschriften sowie die Produktidentifizierung. Auch sollen hinsichtlich der chemischen Anforderungen an das Spielzeug Verschärfungen vorgenommen werden, die dazu führen sollen, dass der Schutz vor schädlichen Chemikalien verbessert wird. Infolgedessen sollen strengere Grenzwerte sowie Verwendungsverbote für bestimmte gefährliche Stoffe erhoben werden, was die Gesundheitsrisiken für Kinder reduzieren soll.
Auch hinsichtlich der Marktüberwachung sollen Veränderungen eintreten. So soll auch diese sich verstärken, was der Einhaltung der hohen Sicherheitsstandards zuträglich sein soll. In diesem Zusammenhang spielt der digitale Produktpass eine entscheidende Rolle, da es durch ihn möglich werden soll, die Produktkonformität effizienter und vor allem schneller überprüfen zu können. Ergibt sich aus dieser Überprüfung, dass das Spielzeug nicht konform ist, soll dieses effektiver vom Markt genommen werden.
Außerdem ist auch eine Erweiterung der Pflichten aller Wirtschaftsakteure in der Spielzeuglieferkette vorgesehen. Die voraussichtlichen Veränderungen verfolgen dabei das Ziel, dass Händler, Hersteller sowie auch die Importeure einen aktiven Beitrag zur Spielzeugsicherheit leisten müssen. Dies geschieht, indem sie in der Verantwortung stehen könnten, eine Überprüfung der Einhaltung der Sicherheitsstandards vornehmen und relevante Informationen bereitstellen zu müssen.
Es steht wohl außer Frage, dass dies durchaus tiefgreifende Veränderungen sein können – und zwar für alle betroffenen Parteien. Umso wichtiger ist es deshalb, sich rechtzeitig mit den neuen Regelungen zu befassen. Die kommenden Änderungen reflektieren das kontinuierliche Bestreben der EU, die Sicherheitsstandards für Spielzeug zu erhöhen und den Schutz von Kindern weiter zu verbessern.
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