Die EU-Maschinenrichtlinie
In unseren letzten beiden Artikeln haben wir uns ausführlich mit dem Thema der CE-Kennzeichnung beschäftigt. Obwohl das CE-Symbol meist mit Produkten aus den Bereichen Elektrogeräte oder Spielzeug in Verbindung gebracht wird, gibt es noch weitere Produktgruppen, bei denen eine Kennzeichnung mit dem CE-Symbol gesetzlich vorgeschrieben ist.
Eine dieser weiteren Produktgruppen sind Maschinen. Vielleicht denkst du dir jetzt, dass dich diese Richtlinie nicht betrifft – schließlich verkaufst du kleine Produkte und keine großen Industriemaschinen. Leider ist der Begriff “Maschine” in diesem Kontext etwas irreführend, da die meisten sich darunter eben große Industriemaschinen vorstellen. Anders als gedacht, können aber auch kleine, unscheinbare Produkte unter die Maschinenrichtlinie fallen und müssen daher strenge Vorgaben erfüllen, bevor sie in die EU importiert werden dürfen.
In diesem Beitrag erfährst du alles Wissenswerte rund um das Thema Maschinenrichtlinie. Zusätzlich werden wir dir einige konkrete Beispiele für Produkte liefern, die unter die Maschinenrichtlinie fallen.
Was regelt die Maschinenrichtlinie?
Die EU-Maschinenrichtlinie (Richtlinie 2006/42/EG) trat mit dem 29. Dezember 2009 in Kraft. Sie regelt das Inverkehrbringen von Maschinen nicht nur im Europäischen Wirtschaftsraum, sondern auch in der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen, Island und der Türkei. Ziel der Richtlinie ist die Schaffung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes. Produkte, die innerhalb der europäischen Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden, sollen dadurch denselben grundlegenden Sicherheitsstandards entsprechen.
Wie alle EU-Richtlinien musste auch die Maschinenrichtlinie von den jeweiligen Staaten in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland erfolgte das mit dem Produktsicherheitsgesetz und der 9. Produktsicherheitsverordnung.
Als Hersteller solltest du daher das
- Produktsicherheitsgesetz (kurz ProdSG)
- die 9. Produktsicherheitsverordnung und die
- Maschinenrichtlinie 2006/42/EG mit ihren 12 Anhängen
berücksichtigen, um alle Anforderungen juristisch sicher zu erfüllen.
Die wichtigste Norm der Maschinenrichtlinie, die quasi für alle Maschinen einzuhalten ist, ist die EN ISO 12100:2010.
Aktuell wird die Maschinenrichtlinie überarbeitet. In Folge dieser Überarbeitung wird die Richtlinie zu einer Verordnung und muss daher nicht mehr in nationales Recht umgewandelt werden. Die neue Maschinenverordnung wurde am 18.04.2023 im EU-Parlament angenommen und soll laut EU-Amtsblatt Anfang Juli 2023 veröffentlicht werden.
Anforderungen der Maschinenrichtlinie
Um die Vorgaben der Maschinenrichtlinie zu erfüllen, muss eine Maschine gewissen Anforderungen entsprechen:
- Die Maschine muss mechanisch und elektrisch sicher gestaltet sein.
- Die funktionale Sicherheit (z. B. sichere Steuerkreise) muss umgesetzt werden.
- Die Maschine muss zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens sicher sein.
- Eine sichere Bedienung muss gewährleistet sein.
- Die Sicherheits- bzw. Schutzeinrichtungen der Maschine sind so gestaltet, dass sie nicht einfach umgangen werden können.
- Für die Maschine wurde ein Konformitätsbewertungsverfahren mit Risikobeurteilung durchgeführt.
- Ergeben Labortests eine erfolgreiche Bewertung: Konformitätserklärung und Anbringen des CE-Kennzeichens.
- Erstellen und Beilegen einer technischen Dokumentation und Betriebsanleitung. Diese soll Benutzer und Endkunden deutlich auf die vorhandenen und gekennzeichneten Restrisiken aufmerksam machen.
Rechtliche Folgen bei Missachtung der Vorgaben
Wird die Maschinenrichtlinie nicht eingehalten, dann kann das ganz schön teuer werden. Die Maschinenrichtlinie selbst enthält keine Vorschriften zu Bußgeldern oder Strafen, das nationale Produktsicherheitsgesetz aber sehr wohl. Werden die Vorgaben missachtet, dann würde der Fall vor einem deutschen Gericht landen, wo Bußgelder in Höhe von bis zu 100.000 Euro für Hersteller, Importeure und Händler angeordnet werden können.
Vor allem besonders schwere Verstöße geraten leicht an die Öffentlichkeit und können so den Ruf des Herstellers nachhaltig schädigen. Außerdem können Entschädigungen fällig werden.
Definition Maschine
Laut Definition der Richtlinie handelt es sich bei einer Maschine um die Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen mit mindestens einem beweglichen Teil sowie Betätigungselementen, Steuer- und Energiekreisen. Auch mehrere miteinander vernetzte Maschinen oder auswechselbare Ausrüstung und Sicherheitsbauteile gelten als Maschine.
Bei unvollständigen Maschinen sind die Hersteller dazu verpflichtet, dem Produkt eine Montageanleitung samt Einbauerklärung beizulegen.
Auch Maschinen, die kein Antriebssystem haben, fallen unter die Maschinenrichtlinie. Ebenfalls um Maschinen handelt es sich bei einbaufertigen Maschinen, die erst nach der Installation in einem Beförderungsmittel oder einem Bauwerk funktionsfähig sind – sie fallen bereits vor der Montage unter die Bezeichnung Maschine.
Je nachdem, um was für eine Art von Maschine es sich handelt, kommen unterschiedliche Konformitätsbewertungsverfahren zum Tragen:
- Interne Fertigungskontrolle
- EG-Baumusterprüfverfahren
- Verfahren der umfassenden Qualitätssicherung
Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie: Welche Produkte sind betroffen?
Wir haben es in der Einleitung bereits angesprochen – der Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie geht weit über das hinaus, was wir umgangssprachlich als Maschine bezeichnen. Die Maschinenrichtlinie gilt für Maschinen und unfertige Maschinen, die in der EU in Verkehr gebracht werden. Daher betreffen ihre Vorgaben nicht nur Inverkehrbringer, sondern auch Hersteller, Importeure und Verkäufer.
Jeder dieser Beteiligten muss die Anforderungen der Richtlinie einhalten, genauso wie jene des Produktsicherheitsrechts.
Konkret gilt die Richtlinie unter anderem für folgende Produkte:
- Maschinen wie z.B. Laufbänder, Föhne (für die gewerbliche Nutzung), Massagesessel, Wagenheber
- Auswechselbare Ausrüstungen
- Sicherheitsbauteile
- Lastaufnahmemittel
- Ketten, Seile und Gurte
- abnehmbare Gelenkwellen
- unvollständige Maschinen (Teilmaschinen)
CE-Kennzeichnung und Konformitätserklärung
Durch die CE-Kennzeichnung im Kontext der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG weist der Hersteller gegenüber der zuständigen Behörde nach, dass seine Maschine den einschlägigen EG-Richtlinien entspricht.
Achtung: Das CE-Kennzeichen ist kein Qualitätssiegel!
Fast alle Produkte, die unter den Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen, müssen mit dem CE-Kennzeichen versehen werden. Gemäß der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG erhalten auch Sicherheitsbauteile eine CE-Kennzeichnung.
Unvollständige Maschinen erhalten keine CE-Kennzeichnung, da das gemäß Artikel 16 Abs. 3 der Maschinenrichtlinie nicht zulässig wäre.
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Wer hat diesen Beitrag verfasst?
In ihrer Rolle als Autorin füllt Christina die Blogsektion unserer Website mit spannenden sowie informativen Beiträgen, so dass sich unsere Leser stets bestinformiert selbstständig um die Product Compliance in Ihrem Unternehmen kümmern können.