Der digitale Produktpass
Transparenz, Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft – mit diesen Schlagworten begegnen wir zunehmend neuen EU-Vorgaben. Eine der bedeutendsten Veränderungen für Hersteller, Händler und Amazon-Seller ist der geplante digitale Produktpass (DPP).
Er soll künftig für viele physische Produkte zur Pflicht werden und alle relevanten Informationen zum Produkt digital zugänglich machen: von der Herkunft der Materialien über Reparierbarkeit bis hin zu Recyclinghinweisen.
Ziel des DPP ist es, nachhaltigen Konsum zu fördern, umweltfreundlichere Produkte zu begünstigen und illegale oder nicht-konforme Produkte vom Markt zu drängen. Für Verbraucher wird es dadurch einfacher, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Für Händler und Hersteller bedeutet das: mehr Dokumentation, neue Prozesse und große Chancen für transparente Markenführung.
Rechtlicher Rahmen und Zeitplan
Der digitale Produktpass ist ein zentrales Element der geplanten EU-Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR), die derzeit die bisherige Ökodesign-Richtlinie ablöst. Diese neue Verordnung ist Teil des EU Green Deal und zielt darauf ab, die Umweltauswirkungen von Produkten über ihren gesamten Lebenszyklus zu reduzieren.
Aktuell (Stand: Juli 2025) ist mit einem Inkrafttreten der Verordnung ab 2026 zu rechnen. Die Pflicht zur Einführung des digitalen Produktpasses wird nicht für alle Produkte gleichzeitig gelten, sondern schrittweise erfolgen – je nach Produktgruppe und Branche.
Die technischen Einzelheiten (z.B. Datenformate, Schnittstellen, Zugriffsmöglichkeiten) werden in sogenannten delegierten Rechtsakten festgelegt, die produktgruppenspezifisch nach und nach veröffentlicht werden.
Welche Produkte sind betroffen?
Der digitale Produktpass wird nicht pauschal für alle Produkte eingeführt, sondern zunächst für spezifische Produktkategorien. Erste Priorität haben dabei besonders ressourcenintensive und schwer zu recycelnde Produkte.
Laut aktuellen Planungen sind folgende Gruppen als Erstes betroffen:
- Batterien (insbesondere Industrie- und Fahrzeugbatterien bereits ab 2026 Pflicht)
- Textilien (wie Bekleidung, Schuhe, Heimtextilien voraussichtlich ab 2027)
- Elektro- und Elektronikgeräte (z.B. Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik)
- Möbel (Holz-, Kunststoff- oder gemischte Materialien)
- Baustoffe und Bauprodukte

Langfristig ist geplant, den DPP auf nahezu alle physisch greifbaren Produkte im Binnenmarkt auszuweiten, also auch Spielzeug, Werkzeuge, Maschinen oder Sportartikel. Ausgenommen sind lediglich Lebensmittel, Arzneimittel und Futtermittel.
Welche Daten müssen bereitgestellt werden?
Der digitale Produktpass ist im Prinzip ein digitaler Zwilling des physischen Produkts. Er enthält strukturierte, standardisierte Informationen, die auf Anfrage über digitale Mittel (z.B. QR-Code, NFC-Chip, Weblink) abrufbar sind – differenziert je nach Zielgruppe: Verbraucher, Behörden, Händler, Entsorger etc.
Zu den verpflichtenden Inhalten zählen voraussichtlich:
- Eindeutige Produktidentifikation (z.B. Modell, Seriennummer, Marke)
- Name und Kontakt des Herstellers oder Importeurs
- Material- und Rohstoffzusammensetzung (inkl. kritischer Rohstoffe)
- Informationen zu CO₂-Fußabdruck, Energieeffizienz, Lebensdauer
- Informationen zur Reparaturfähigkeit (z.B. Ersatzteile, Anleitungen)
- Hinweise zur Wiederverwendung, Entsorgung, Recyclingfähigkeit
- Erfüllung von Umwelt- und Sicherheitsanforderungen (z.B. elektrische Sicherheit, REACH, RoHS)
- Informationen zu Zertifizierungen, Labels, Herkunftsland
Diese Daten müssen nicht nur bereitgestellt, sondern auch aktuell, maschinenlesbar und interoperabel sein, also technisch gut integrierbar in bestehende Systeme.
Chancen und Herausforderungen für Amazon-Seller
Für Händler und Seller, vor allem auf E-Commerce-Plattformen wie Amazon, bringt der digitale Produktpass sowohl neue Pflichten als auch strategische Chancen mit sich.
Chancen:
- Transparenz als Wettbewerbsvorteil – wer gute Daten liefert, wird von Plattformen und Kunden bevorzugt.
- Vertrauensaufbau durch offene Produktinformationen
- Vereinfachung bei Rückverfolgbarkeit und Rückrufen
- Basis für nachhaltige Kommunikation und ESG-Berichterstattung
- Langfristige Marktberechtigung in der EU durch Einhaltung neuer Pflichten
Herausforderungen:
- Erhöhter Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand
- Notwendigkeit digitaler Schnittstellen und IT-Systeme
- Abhängigkeit von Daten externer Lieferanten
- Haftungsrisiken bei falschen oder fehlenden Angaben
- Anfängliche Unsicherheit durch fehlende Standards
Gerade kleinere Unternehmen sollten frühzeitig analysieren, ob ihre Produkte betroffen sein werden und wie sie relevante Daten heute schon systematisch erfassen können.
Tipps zur Umsetzung und Vorbereitung
Damit die Umstellung gelingt, empfehlen wir:
- Produkte prüfen: Gehört deine Produktgruppe zu den betroffenen Kategorien?
- Datenbestände analysieren: Welche Informationen liegen bereits vor? Was fehlt noch?
- Lieferanten einbinden: Beginne frühzeitig mit der Anforderung notwendiger Produktdaten.
- IT-Infrastruktur vorbereiten: Denke an zukünftige Schnittstellen, Datenbanken und Kompatibilität.
- Zeitplan im Blick behalten: Plane interne Ressourcen ein; es ist ein Prozess, kein Schnellprojekt.
- Rechtlich auf dem Laufenden bleiben: Delegierte Rechtsakte und Branchenspezifikationen beachten.
- Beratung nutzen: Hol dir frühzeitig Unterstützung, insbesondere bei der Datenstrukturierung.
Fazit: Große Veränderungen, aber auch große Möglichkeiten
Der digitale Produktpass wird für viele Händler, Importeure und Hersteller zur Realität, ob sie wollen oder nicht. Wer sich früh vorbereitet, kann nicht nur rechtssicher agieren, sondern auch von neuen Märkten, besserer Kundenbindung und digitaler Reife profitieren.
Die EU will wissen, was in deinen Produkten steckt und deine Kunden auch. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann der digitale Produktpass dich betrifft.
Wer hat diesen Beitrag verfasst?
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